Der Friedhof der Namenlosen befindet sich in der Nähe des Albernen Hafens an den Ausläufern des Auwalds, genauer gesagt beim Stromkilometer 1.918. Hier wurden durch einen Wasserstrudel bis 1939 ungefähr 600 Tote und Ertrunkene ans Ufer geschwemmt. Da sie leider oft nicht mehr identifizierbar waren, fanden sie im „Friedhof der Namenlosen“ ihre letzte Ruhe.
Doch der Friedhof diente nicht nur den Namenlosen mit einem letzten Heimatort. Ebenso wurde dieser zur Begräbnisstätte von Selbstmördern der Zwischenkriegszeit, denen ein reguläres Begräbnis damals untersagt war. Es ist ein besonderer Ort Simmerings mit eigener Atmosphäre, der ein ganz eigenes Stück Stadtgeschichte in sich trägt.
Der Friedhof besteht aus zwei Teilen, wobei der der ältere Bereich des Friedhofs von der Natur bereits zurückgefordert wird, da ihn die Bäume und Sträucher des Auwaldes überwuchern. Erkennbar ist er vor allem durch ein schlichtes Eisenschild. Der zweite Teil entstand um 1900 und für ihn wurde ein eigener Schutzdamm errichtet, um ihn vor Überschwemmungen zu schützen. Um 1935 wurde dieser Damm noch mit einer steinernen Umfassungsmauer verstärkt und die sogenannte Auferstehungskappelle wurde errichtet.
Schlendert man durch den Friedhof, kann man kleine, schlichte Kreuze aus widerstandsfähigerem Eisen erkennen, die an die Opfer des Flusses erinnern. Diese waren früher aus Holz, wurden aber von Josef Fuchs durch die heutigen Gusseisenkreuze ersetzt und auch heute kümmert sich seine Familie noch ehrenamtlich um den Friedhof.
An manchen dieser Kreuze findet man handschriftliche Hinweise zu den Verstorbenen, wie „männlich“, „weiblich“, „namenlos“ oder einem Datum, an dem die Leiche gefunden wurde. Identifiziert wurden leider die Wenigsten. Diejenigen, die identifiziert werden konnten, verdankten dies den Bemühungen der Ehrenamtlichen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die Identitäten der Unbekannten zu ermitteln. Dazu wurden die Angeschwemmten beschrieben, ihr Eigentum katalogisiert und archiviert – in der Hoffnung, dass sie dadurch von Hinterbliebenen identifiziert werden konnten. Besonders beliebt ist das Grab einer Kinderleiche, beschriftet mit „Sepperl“. Man sagt, der kleine Bub sei am Ufer der Donau in einem Schuhkarton gefunden worden.
Den Verstorbenen, die hier begraben sind, wird jeden ersten Sonntag nach Allerheiligen im Rahmen einer Gedenkfeier gedacht. Der Friedhof ist jedoch das ganze Jahr öffentlich zugänglich, wenn man den Unbekannten gedenken oder Blümchen an ihre Gräber bringen möchte. Unbestreitbar ist, dass dieser vor allem historische Ort in Simmering einen ganz besonderen mythischen Reiz hat und definitiv einen Besuch wert ist.
November 2024